Das Mieterstromgesetz hat in den zwölf Monaten nach seinem Inkrafttreten nur eine kleine Zahl an Projekten angereizt: Nach Angaben der Bundesnetzagentur wurde seit dem Inkrafttreten des Mieterstromgesetzes im Juli 2017 bis Mai 2018 gerade einmal für 125 Projekte eine Förderung über das Mieterstromgesetz gewährt.

Das Fördervolumen umfasst eine installierte PV-Leistung von 3,31 MW, woraus sich eine durchschnittliche Größe von 26,4 kWp pro Mieterstromprojekt ergibt. Mit dem aktuellen Fortschritt liegt die Nachfrage nach Fördermitteln noch sehr weit unter dem gesetzlichen Deckel von 500 MW pro Jahr. Ein Verbändebündnis rund um den Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) hat nun ein Papier veröffentlicht, in dem fünf konkrete Maßnahmen formuliert werden, mit denen Mieterstrom wirklich vorangebracht werden könnte.

1. Ungleichbehandlung von Eigenstrom- und Mieterstromverbrauch aufheben

Haupthindernis für die Verbreitung von Mieterstrom ist nach Bewertung der Verbände die Belastung von solarem Mieterstrom mit der EEG-Umlage. Anders als Eigenverbrauch von Solarstrom von Hauseigentümern wird Mieterstrom mit der vollen EEG-Umlage belastet.

Der seit 2017 gewährte neue Mieterstromzuschlag beträgt ca. 2,2 bis 3,8 ct/kWh je nach Anlagengröße. Damit wird Mieterstrom immer noch deutlich schlechter als der erneuerbare Eigenverbrauch von Hauseigentümern gestellt, weil der Zuschlag ca. 3,1 – 4,7 ct/kWh niedriger ausfällt als eine Streichung bzw. Reduzierung der EEG-Umlage für Eigenstrom.

Mieterstromzuschlag anheben

„Der Mieterstromzuschlag muss entsprechend dieser Differenz und unter Berücksichtigung der Anlagengröße für den Fall angehoben werden, dass eine Beseitigung oder Verringerung der EEG-Umlage auf Mieterstrom nicht umsetzbar sein sollte“, heißt es in dem Papier. Gleichzeitig müsse eine „unangemessene Förderung“ verhindert werden, damit ein ausreichend großer Anteil der Mieterstromvergütung auch bei den Bewohnern ankommt. Private Haushalte, die nicht vom Mieterstrom profitieren können aber diesen anteilig mitfinanzieren, müssen im Rahmen einer Reform des Strompreises entlastet werden.

2. „Lokalstrom“ einführen

In Deutschland gibt es etwa vier bis fünf Millionen Gebäude mit zwei bis sechs Wohnungen. Um Mieterstrom auch für diese große Zahl kleiner Mehrfamilienhäuser attraktiv zu gestalten, sollten bürokratische Hürden durch Bagatellgrenzen entfernt werden. In Anlehnung an die EU-Erneuerbare-Energien-Richtlinie schlägt das Verbändebündnis dafür das Modell des „Lokalstroms“ vor.

Lokalstrom würde die Selbstversorgung durch Mieterstrom oder Eigenstrom technisch und juris-tisch gleichstellen. Konkret würden Versorgungskonzepte auf Basis einer kleinen Stromerzeugungsanlage von „bis zu 30 kW“ oder alternativ „bis zu sechs Wohneinheiten pro Gebäude“ bürokratisch entschlackt. In der Folge könnten vielfältige Energieversorger-Pflichten für diese Gebäude entfallen.

Mieterstrom und Eigenverbrauch: Technisch identisch – juristisch nicht

Technisch sei Mieterstrom in Mehrfamilienhäusern zwar identisch mit Eigenverbrauch in Ein- und Zweifamilienhäusern, de facto werde Mieterstrom juristisch jedoch anders als Eigenverbrauch definiert. Bei Eigenverbrauch betreibt eine natürliche oder juristische Person die Stromerzeugungsanlage selbst und verbraucht den Strom. Bei Mieterstrom sind Erzeuger und Verbraucher dagegen unterschiedliche Rechtspersonen.

3. Definition „räumlicher Zusammenhang“ weiter fassen

Auch die enge Begrenzung für Lieferung und Verbrauch von Mieterstrom auf die „unmittelbare räumliche Nähe“ blockiere die Umsetzung von Mieterstromprojekten, geben die Verbände zu bedenken. Die unscharfe rechtliche Definition des „unmittelbaren räumlichen Zusammenhangs“ von Mieterstrom-Anlagen habe zur Folge, dass in der Praxis häufig aufwendige juristische Einzelfallentscheidungen getroffen werden müssten.

„Lokal erzeugter erneuerbarer Strom braucht deshalb einen eindeutigen räumlichen Bezug – unabhängig der Personengruppen, die ihn vor Ort verbrauchen.“

Möglichst breite, an der Netzinfrastruktur orientierte Auslegung erforderlich

Die Regelung grenze nicht zuletzt Bewohner von Nachbargebäuden aus, deren Dach ungünstiger ausgerichtet ist. „Sie ist damit auch sozial ungerecht.“ Gebäude im räumlichen Zusammenhang, z. B. innerhalb einer Kundenanlage, einer Wohnblockbebauung oder in einem Quartier, sollten in Kombination mit weiteren Erzeugungs- und Speicheranlagen mit Mieterstrom versorgt werden können, ohne dass dadurch die Förderwürdigkeit von Mieterstrom entfällt. Dafür bedürfe es einer möglichst breiten, an der Netzinfrastruktur orientierten Auslegung.

4. Steuerliche Hemmnisse abbauen

Ohne Folgeänderungen im Gewerbesteuer- und im Körperschaftsteuergesetz (GewStG und KStG) müssten Vermieter auch weiterhin aus steuerlichen Gründen davon Abstand nehmen, Mieterstrom selbst anzubieten, was die Verbreitung von Mieterstromprojekten ausbremst, heißt es von Seiten der Verbände.

Die Erzeugung von Strom und dessen Einspeisung oder Veräußerung stelle eine gewerbliche Tätigkeit dar und führt damit zum Verlust der Inanspruchnahme der erweiterten Gewerbesteuerkürzung für das Wohnungsunternehmen insgesamt. Dadurch wird auch die ansonsten gewerbesteuerfreie Vermietungstätigkeit gewerbesteuerpflichtig.

Damit das Gesetz zur Förderung von Mieterstrom überhaupt praktisch voll wirken kann, sind also Folgeänderungen im GewStG und KStG unabdingbar.

Die Erzeugung von Strom führe auch zum Verlust der Körperschaftsteuerbefreiung von Vermietungsgenossenschaften, wenn die 10 Prozent-Grenze für alle sonstigen Einnahmen überschritten wird, heißt es weiter. „Damit das Gesetz zur Förderung von Mieterstrom überhaupt praktisch voll wirken kann, sind also Folgeänderungen im GewStG und KStG unabdingbar.“

5. Contractingmodelle mit Drittanbietern ermöglichen

In einem Hinweispapier der Bundesnetzagentur zum Mieterstromzuschlag als eine Sonderform der EEG-Förderung stellt die Behörde fest, dass der Förderanspruch auf Mieterstromzuschlag voraussetzt, dass ausschließlich der Betreiber der Solaranlage den in seiner Anlage erzeugten Solarstrom an die Letztverbraucher liefert.

Die Lieferung des Solarstroms innerhalb der Kundenanlage an einen Dritten, der im weiteren Verlauf der Lieferkette den Strom vollständig oder anteilig an die Hausbewohner liefert und von diesen verbraucht wird, erfüllt damit die Anforderungen des § 21 Abs. 3 EEG nicht, so die BNetzA.

Demnach können Dritte keine direkten Mieterstrommodelle anbieten. Die mögliche Verpachtung von Dächern mit PV-Anlagen ist keine befriedigende Lösung. Es braucht eine Klarstellung für eine diskriminierungsfreie Umsetzung bei der Inanspruchnahme des Mieterstromzuschlags in diesen Fällen.

 


 

Bei einer Reform des Mieterstromgesetzes sollte auch darauf geachtet werden, dass auch jetzt schon erkennbare weitere Hindernisse für die Verbreitung von Mieterstrommodellen beseitigt werden, heißt es seitens der Verbände weiter. Als Beispiel wird der 52GW-Förderdeckel für Solaranlagen mit einer Leistung von weniger als 750 kWp im EEG genannt.

Unterzeichner des Papiers sind die Bundesgeschäftsstelle Energiegenossenschaften (DRGV), der Bundesverband der Energie- und Klimaschutzagenturen Deutschlands (eaD), der Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW), der Bundesverband Neue Energiewirtschaft (bne), der Bundesverband Solarwirtschaft (BSW), der Deutsche Mieterbund (DMB), die Deutsche Umwelthilfe (DUH), der Deutsche Naturschutzring (DNR), Haus & Grund Deutschland und der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv).

Weitere Hintergründe zum Thema Mieterstrom lesen Sie in unserem Dossier:

Mieterstrom: Hemmnisse, Potenziale und Ausblick