Verbraucher können Steckdosen-Solargeräte zur privaten Stromerzeugung bis zu einer Gesamtleistung von 600 Watt jetzt selbst beim Netzbetreiber anmelden, statt wie bisher über einen Elektroinstallateur. Darauf weisen die Deutsche Gesellschaft für Sonnenenergie (DGS) und Greenpeace Energy hin. Rechtssicher möglich mache dies eine Neuregelung der Norm VDE-AR-N 4105, die am vergangenen Samstag in Kraft getreten ist. (Hinweis: Der im April 2019 veröffentlichte Artikel ist im Oktober 2022 um den Kontext-Kasten ergänzt worden).

 

Die Stecker- oder Balkon-Solarmodule bieten gerade Mietern die Möglichkeit, eigenen Solarstrom zu erzeugen, ohne dass sie über eigene Dachflächen verfügen. Ihr Vorteil liegt damit in der Bürgerbeteiligung an der Energiewende. Einen Ersatz für die großflächige Nutzung von Dachflächen für die Energiewende stellen sie nicht dar.

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DGS: Stromerzeugung ab 8 ct/kWh möglich

Verabschiedet wurde die Vorschrift in einem Normierungsverfahren vom Forum Netztechnik/Netzbetrieb im VDE (FNN), das in Deutschland die Regeln für den Netzanschluss von Erzeugungsanlagen erarbeitet. „Wir haben uns als Solarverein an diesem mühsamen Prozess beteiligt, um die dezentrale Energieproduktion auch für Mieter und Kleingärtner voranzubringen, die bisher keine eigene Sonnenenergie nutzen konnten“, sagt Bernhard Weyres-Borchert, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Sonnenenergie (DGS). Solargeräte die den DGS-Sicherheitsstandard einhalten, lieferten Strom schon ab 8 ct/kWh, heißt es bei der DGS.

Stromzähler darf sich nicht rückwärts drehen

Beim Betrieb von Steckdosen-Solarmodulen sei zu beachten, dass sich der Stromzähler nicht rückwärts dreht, betonen DGS und Greenpeace Energy. Dies gewährleisteten zum Beispiel Stromzähler mit Rücklaufsperre. Die Umrüstung, in der Regel durch die Netzbetreiber, sei bisher jedoch „häufig an deren mangelnder Kooperation“ gescheitert, da nur ein Verfahren für die Anmeldung von Stromerzeugungsanlagen über Elektriker existierte.

Mit dem Inkrafttreten der neuen VDE-AR-N 4105 seien alle Netzbetreiber verpflichtet, auch die Anmeldung von Steckdosen-Solargeräten bis 600 Watt durch Laien zu akzeptieren. Diverse Netzbetreiber hätten dies bereits in eigene Meldeformulare übersetzt. Für Kunden „konservativer Netzbetreiber“ habe die Deutsche Gesellschaft für Sonnenenergie (DGS) ein mit der neuen Norm konformes Meldeformular entwickelt.

 

Europaweit bereits rund 200.000 Balkon-Solarmodule im Einsatz

Mit der neuen Norm werden auch in Deutschland EU-Vorgaben umgesetzt, die in Portugal, Österreich, Luxemburg und der Schweiz bereits gängige Praxis sind. Europaweit seien geschätzt mindestens 200.000 solcher Mini-Solaranlagen bislang problemlos im Einsatz, in Deutschland soll deren Zahl bei 40.000 liegen. Die Sicherheit moderner Steckdosen-Solargeräte wurde durch die DGS, aber auch durch Gutachten renommierter Forschungsinstitute wie des Fraunhofer ISE und diverser Prüfinstitute wiederholt belegt.

Das eigentliche Ziel ist aber eine Regelung für Balkon-Solaranlagen wie in Luxemburg. Dort sind solche Anlagen bis zu einer Leistung von 800 Watt von jeder Anmeldepflicht befreit.
– Michael Friedrich, Greenpeace Energy

„Mit der neuen Norm sind wir einen Schritt weiter“, sagt Michael Friedrich, Sprecher der Energiegenossenschaft Greenpeace Energy. Das Unternehmen vermarktet selbst das Balkonmodul „Simon“ der österreichischen homemade.energy GmbH. „Das eigentliche Ziel ist aber eine Regelung für Balkon-Solaranlagen wie in Luxemburg. Dort sind solche Anlagen bis zu einer Leistung von 800 Watt von jeder Anmeldepflicht befreit.“

Zweiter Erfolg für DGS-Arbeitsgruppe PVPlug

Die entsprechenden Anlagen könnten einen wichtigen Beitrag zur Energiewende leisten. „Der Strom wird direkt im eigenen Haushalt erzeugt. Das senkt den CO2-Ausstoß, entlastet die Stromnetze und steigert die Akzeptanz erneuerbarer Energien“, sagt Friedrich.

Die DGS wertet die Novelle der VDE-AR-N 4105 als zweiten wichtigen Erfolg der DGS-Arbeitsgruppe PVplug für die dezentrale und bürgernahe Solarenergie. 2017 erreichte das Team, dass die PV-Module an normale Haushaltsstromkreise angeschlossen werden dürfen, jetzt führten Einsprüche von mehr als 900 Bürgern dazu, dass eine zweite zentrale Normungs-Hürde beseitigt wurde.