Verbraucher können Steckdosen-Solargeräte zur privaten Stromerzeugung bis zu einer Gesamtleistung von 600 Watt jetzt selbst beim Netzbetreiber anmelden, statt wie bisher über einen Elektroinstallateur. Darauf weisen die Deutsche Gesellschaft für Sonnenenergie (DGS) und Greenpeace Energy hin. Rechtssicher möglich mache dies eine Neuregelung der Norm VDE-AR-N 4105, die am vergangenen Samstag in Kraft getreten ist. (Hinweis: Der im April 2019 veröffentlichte Artikel ist im Oktober 2022 um den Kontext-Kasten ergänzt worden).
Die Stecker- oder Balkon-Solarmodule bieten gerade Mietern die Möglichkeit, eigenen Solarstrom zu erzeugen, ohne dass sie über eigene Dachflächen verfügen. Ihr Vorteil liegt damit in der Bürgerbeteiligung an der Energiewende. Einen Ersatz für die großflächige Nutzung von Dachflächen für die Energiewende stellen sie nicht dar.
Berichterstattung von ContextCrew Neue Energie:
- Steckersolargeräte in Deutschland: Schon fast 200.000 Stück im Einsatz (Februar 2022)
- Balkon-Solaranlagen: Verbraucherzentrale NRW sieht sehr großes Potenzial (August 2020)
Wichtige Seiten im Internet:
- Balkonkraftwerke: Die häufigsten Fragen zu Installation etc. – und die Antworten (Ratgeber von heise.de zu Balkonanlagen, Link geprüft Oktober 2022)
- Hinweise zur Anmeldung von Balkonanlagen beim Netzbereiber (Wichtige Hinweise der DGS zur Anmeldung der Anlagen beim zuständigen Netzbetreiber, Link geprüft Oktober 2022)
- Marktübersicht Steckdosen Solar-Geräte – PVplug (Marktübersicht der Deutschen Gesellschaft für Sonnenenergie (DGS) zu den verfügbaren Systemen mit Angaben zu Leistung und erreichbarem Autarkiegrad, Link geprüft Oktober 2022)
- 6 Fragen zu Steckersolaranlagen (Anworten des Solarenergie-Fördervereins zu wichtigen Fragen, Link geprüft Oktober 2022)
- Marktentwicklung im Jahr 2022 (Auf dem PV-Symposium hat eine Forschungsgruppe der HTW Berlin Ergebnisse zweier Studien zur Marktentwicklung präsentiert; Link geprüft Oktober 2022).
- Stecker-Solar: Solarstrom vom Balkon direkt in die Steckdose (Wiki der Verbraucherzentrale zu Balkonsolaranlagen, August 2022, Link geprüft Oktober 2022)
DGS: Stromerzeugung ab 8 ct/kWh möglich
Verabschiedet wurde die Vorschrift in einem Normierungsverfahren vom Forum Netztechnik/Netzbetrieb im VDE (FNN), das in Deutschland die Regeln für den Netzanschluss von Erzeugungsanlagen erarbeitet. „Wir haben uns als Solarverein an diesem mühsamen Prozess beteiligt, um die dezentrale Energieproduktion auch für Mieter und Kleingärtner voranzubringen, die bisher keine eigene Sonnenenergie nutzen konnten“, sagt Bernhard Weyres-Borchert, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Sonnenenergie (DGS). Solargeräte die den DGS-Sicherheitsstandard einhalten, lieferten Strom schon ab 8 ct/kWh, heißt es bei der DGS.
Stromzähler darf sich nicht rückwärts drehen
Beim Betrieb von Steckdosen-Solarmodulen sei zu beachten, dass sich der Stromzähler nicht rückwärts dreht, betonen DGS und Greenpeace Energy. Dies gewährleisteten zum Beispiel Stromzähler mit Rücklaufsperre. Die Umrüstung, in der Regel durch die Netzbetreiber, sei bisher jedoch „häufig an deren mangelnder Kooperation“ gescheitert, da nur ein Verfahren für die Anmeldung von Stromerzeugungsanlagen über Elektriker existierte.
Mit dem Inkrafttreten der neuen VDE-AR-N 4105 seien alle Netzbetreiber verpflichtet, auch die Anmeldung von Steckdosen-Solargeräten bis 600 Watt durch Laien zu akzeptieren. Diverse Netzbetreiber hätten dies bereits in eigene Meldeformulare übersetzt. Für Kunden „konservativer Netzbetreiber“ habe die Deutsche Gesellschaft für Sonnenenergie (DGS) ein mit der neuen Norm konformes Meldeformular entwickelt.
Europaweit bereits rund 200.000 Balkon-Solarmodule im Einsatz
Mit der neuen Norm werden auch in Deutschland EU-Vorgaben umgesetzt, die in Portugal, Österreich, Luxemburg und der Schweiz bereits gängige Praxis sind. Europaweit seien geschätzt mindestens 200.000 solcher Mini-Solaranlagen bislang problemlos im Einsatz, in Deutschland soll deren Zahl bei 40.000 liegen. Die Sicherheit moderner Steckdosen-Solargeräte wurde durch die DGS, aber auch durch Gutachten renommierter Forschungsinstitute wie des Fraunhofer ISE und diverser Prüfinstitute wiederholt belegt.
– Michael Friedrich, Greenpeace Energy
„Mit der neuen Norm sind wir einen Schritt weiter“, sagt Michael Friedrich, Sprecher der Energiegenossenschaft Greenpeace Energy. Das Unternehmen vermarktet selbst das Balkonmodul „Simon“ der österreichischen homemade.energy GmbH. „Das eigentliche Ziel ist aber eine Regelung für Balkon-Solaranlagen wie in Luxemburg. Dort sind solche Anlagen bis zu einer Leistung von 800 Watt von jeder Anmeldepflicht befreit.“
Zweiter Erfolg für DGS-Arbeitsgruppe PVPlug
Die entsprechenden Anlagen könnten einen wichtigen Beitrag zur Energiewende leisten. „Der Strom wird direkt im eigenen Haushalt erzeugt. Das senkt den CO2-Ausstoß, entlastet die Stromnetze und steigert die Akzeptanz erneuerbarer Energien“, sagt Friedrich.
Die DGS wertet die Novelle der VDE-AR-N 4105 als zweiten wichtigen Erfolg der DGS-Arbeitsgruppe PVplug für die dezentrale und bürgernahe Solarenergie. 2017 erreichte das Team, dass die PV-Module an normale Haushaltsstromkreise angeschlossen werden dürfen, jetzt führten Einsprüche von mehr als 900 Bürgern dazu, dass eine zweite zentrale Normungs-Hürde beseitigt wurde.