Update 27. Oktober 2024

Die Bundesnetzagentur hat den Entwurf des Wasserstoffkernnetzes gebilligt. Die Mitteilung der BNetzA hat ein breites Echo hervorgerufen. Vielfach ist von einem Meilenstein, einem entscheidenden Signal oder zumindest einem wichtigen ersten Schritt die Rede. Tatsächlich ist jetzt eine Basis zur Überwindung des „Henne-Ei“-Problems gelegt. Offene Fragen betreffen nun wiederum vor allem das Thema, woher die H2-Mengen kommen sollen, die durch das Netz strömen werden.

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Das Thema Wasserstoff – insbesondere in seiner Ausprägung als grüner Wasserstoff – hat in den vergangenen Jahren enorm an Fahrt aufgenommen. Ging es in einer frühen Phase der Debatte insbesondere um die Funktion von grünem Wasserstoff als Energiespeicher über Power-to-Gas-Lösungen, um Ungleichgewichte an den Strommärkten auszugleichen, ist der Horizont der Wasserstoffwirtschaft inzwischen deutlich weiter gezogen. Die Sektorkopplungs-Technologie eignet sich in besonderer Weise etwa auch zur Dekarbonisierung von Industrieprozessen, beispielsweise in der Stahl- oder der Chemieindustrie. (Nachweis für Beitragsbild: Malp – stock.adobe.com)

Noch ist grüner Wasserstoff teuer – das Bonmot vom Champagner der Energiewende machte wiederholt die Runde. Allerdings sind die Kostenprognosen schon heute deutlich günstiger als noch vor wenigen Jahren, als Zeiträume bis 2040 erwartet wurden, bis der aus erneuerbaren Energien bereitgestellte Strom einen wettbewerbsfähigen Wasserstoff erzeugen kann. Auch ist die Zahl an Interessenten am Thema Wasserstoff stark gestiegen, vom kleineren Stadtwerk, das auf dezentrale Wasserstofflösungen setzt, bis hin zu Großkonzernen mit fossiler Provenienz, die im grünen Wasserstoff etwa aus großen Offshore-Windenergieanlagen ein geeignetes Geschäftsmodell für eine Post-fossile Energieära sehen. Weltweit entsteht ein Wasserstoffmarkt, der nach Analysen von Roland Berger bereits bis zum Jahr 2030 eine Wertschöpfung von 500 Mrd. € umfassen wird.

Wichtige Hinweise:

Das vorliegende Dossier Grüner Wasserstoff: Hochlauf, Technologien und Geschäftsmodelle ist die Plattform für den Digitalpass Wasserstoff, den ContextCrew Neue Energie ohne Abonnementbindung im Einzelverkauf anbietet.

Die Inhalte des Wasserstoff-Dossiers im Überblick

  1. Wirtschaftlichkeit
    – Welche Alternativen gibt es zur langfristigen Speicherung von Strom?
    – Spezifische Investitionskosten für Wasserstoff- und Power-to-Gas-Anlagen
    – Kostenwettbewerb zwischen grünem, grauem und blauem Wasserstoff
    – Wann wird grüner Wasserstoff wirtschaftlich?
    – In welchen Anwendungen wird grüner Wasserstoff zuerst wirtschaftlich?

  2. Die Akteure beim Aufbau einer grünen Wasserstoffwirtschaft
    – Unternehmen der Gaswirtschaft
    – Stahlindustrie hat bei Dekarbonisierung keine andere Wahl
    – Hersteller von Elektrolyseuren und Brennstoffzellen
    – Weitere Player am Markt für grünen Wasserstoff

  3. Technologische Fortschritte
    – Wirkungsgrad der Herstellung von grünem Wasserstoff
    – Welche Forschungsprojekte könnten den Wirkungsgrad steigern?
    – Vergleich verschiedener Elektrolyse-Verfahren
    – Wichtige Forschungsstandorte

  4. Rahmenbedingungen
    – Diskussion über geeignete Flankierung des Markthochlaufs
    – Deutsche und europäische Wasserstoffstrategie
    – Fairer Wettbewerb am entstehenden Markt für grünen Wasserstoff gefordert
    – Reallabore setzen regulatorische Hemmnisse außer Kraft

  5. Ausbaupotenzial
    – Welche Projekte für Wasserstoff und Power-to-Gas entstehen?
    – Was spricht für einen zentralen und was für einen dezentralen Ansatz?
    – Welche Regionen wollen die Wasserstofferzeugung aus grünem Strom fördern?
    – Kann der zukünftige Gasbedarf komplett durch Grüngas gedeckt werden?

  6. Aufbau eines Wasserstoff-Netzes
    – H2-Kernnetz in Deutschland nimmt Gestalt an
    – Energiewirtschaft drängt auf Rahmen für H2-Verteilnetz
    – Fernleitungsnetzbetreiber wollen „Europäischen Wasserstoff Backbone“ aufbauen

  7. Internationaler Handel mit Wasserstoff und Importbedarf
    – Weltweite Potenziale für den Export von grünem Wasserstoff
    – Heimischer Wasserstoff versus Importe
    – Aufbau einer Infrastruktur für Wasserstoffimporte
    – H2-Importe: Ausbaubedarf für Transportinfrastruktur in Deutschland

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I. Wirtschaftlichkeit

Grüner Wasserstoff wird inzwischen von einer Vielzahl von Stakeholdern der Energiewirtschaft als Kernelement einer auf erneuerbaren Energien basierenden Energiezukunft angesehen. Dabei spielt Wasserstoff eine vielschichtige Rolle: Er hilft bei der Dekarbonisierung von Wirtschaftsbereichen, die nicht ohne Weiteres direkt elektrifiziert werden können – wie etwa der Schwerlast- und Schiffsverkehr oder auch die Stahlindustrie. Grüner Wasserstoff, der via Elektrolyse hergestellt wird, kann aber auch eine wichtige Speicherfunktion übernehmen.

Mit dem steigenden Anteil erneuerbarer Energien gewinnt die Energiespeicherung immer mehr an Bedeutung. Kurzzeitige Schwankungen können durch viele Speicherarten wie beispielsweise Batteriespeicher ausgeglichen werden. Zum Ausgleich von saisonalen Schwankungen in Stromnachfrage und -angebot eignen sich prinzipiell verschiedene Speicherarten, allerdings sind bestimmte technische Voraussetzungen zwingend zu erfüllen. Dazu zählt, dass saisonale Speicher eine hohe Speicherkapazität aufweisen müssen. Des Weiteren dürfen die Energieverluste auch bei der Speicherung über längere Zeiten nicht sehr hoch sind. >> Grüner Wasserstoff, Pumpspeicher und Batterien

Spezifische Investitionskosten für Power-to-Gas-Anlagen

In den nächsten Jahren wird der Wirkungsgrad von Elektrolyseuren steigen und die Investitionskosten werden mit der Kommerzialisierung der Technologie sinken. In dieser Prognose stimmen alle Studien überein, doch die Vorhersagen für 2030 bzw. 2050 variieren deutlich.

Wie entwickeln sich die Investitionskosten von Elektrolyseuren?

Kosten von grauem und blauem Wasserstoff noch deutlich geringer

Lange waren die spezifischen Investitionen für die Gewinnung von Wasserstoff durch die Erdgasreformierung bei vergleichsweise stabilen Erdgaspreisen mit rund 650 € je kW installierter Leistung deutlich geringer. Allerdings wird die Technologie bereits großtechnisch genutzt, so dass keine signifikanten Kostensprünge erwartet werden. Nach einer Prognose des Wuppertal Instituts für Klima, Umwelt, Energie aus dem Jahr 2018 werden die spezifischen Investitionskosten der Elektrolysetechnologie zwar aufgrund der geringen Marktpenetration auch 2020 noch hoch sein, bis zum Jahr 2050 jedoch durch Skalen-, Lern- und technologische Entwicklungseffekte deutlich sinken.

Wann wird grüner Wasserstoff wettbewerbsfähig mit Wasserstoff aus fossilen Quellen?
Lesen Sie hier mehr zu den Kostenprognosen verschiedener Studien. (November 2023)

In einer Studie von Ende 2020 sagt Aurora Energy Research für Europa bis 2050 einen Bedarf an Wasserstoff von 2.500 TWh voraus, was einem Marktvolumen von 120 Mrd. € entspräche. Dabei sei Deutschland am attraktivsten für Investitionen in grünen Wasserstoff. Eine Studie der Marktforscher von GlobalData vom Juli 2022 prognostiziert ein Wachstum des Weltmarkts für Elektrolyseure bis 2026 auf mehr als 8,5 GW.

Wann werden grüner Wasserstoff und Power-to-Gas wirtschaftlich?

Gegenwärtig ist grüner Wasserstoff ohne Förderung wirtschaftlich noch nicht darstellbar. Eine Analyse der AEE vom Dezember 2019 macht deutlich, dass die Produktionskosten bei „ökologisch sinnvollem, netzdienlichen Anlagenbetrieb“ um ein Vielfaches über den Preisen für fossiles Erdgas liegen. Die politische Entwicklung geht indes in die Richtung, die externen Kosten für fossile Energien in den Preisen abzubilden, was den grünen Energien – auch dem grünen Wasserstoff – in die Karten spielt. Die Rally bei den Preisen fossiler Energien und der Angriff Russlands auf die Ukraine im Februar 2022 haben Preise und Verfügbarkeit von Erdgas allerdings hierzulande drastisch verändert. Allerdings ist unklar, wie sich die Preise für Erdgas in der langen Frist verändern werden, Mitte 2023 waren die großen Ausschläge nach oben schon wieder Vergangenheit.

Wann Power-to-Gas die Wirtschaftlichkeitsschwelle erreicht, ist vor diesem Hintergrund schwer abschätzbar. Die Entwicklung der Jahre 2020 und 2021 zeigt, dass Skaleneffekte beim Ausbau der Wasserstoffwirtschaft in Verbindung mit Preissignalen und der Internalisierung externer Kosten bei fossilen Energieträgern wichtige Faktoren für die Wettbewerbsfähigkeit von grünem Wasserstoff sind. Die Dynamik der Entwicklung beschleunigt hier Vieles. Auch das konkrete Design der Wasserstoffprojekte wird einen starken Einfluss auf die Wirtschaftlichkeit haben. So haben die Berater von Afry ermittelt, dass die Produktion von grünem Wasserstoff direkt an Windkraftanlagen auf See erhebliche Kosten-, Zeit- und Umweltvorteile bringen kann.

PtG-Experte Marc Grünewald von MAN Energy Solutions sagte in einem Interview, dass auch industrielle Anlagen erst wirtschaftlich werden, wenn alle CO2-Emissionen einen Preis bekommen. Experten, die von der Strategieberatung nymoen im Auftrag der Initiative Zukunft Erdgas befragt wurden, konnten sich eine Wirtschaftlichkeit bis etwa 2030 vorstellen. Andere Beobachter wie der ehemalige RWE-Vorstandschef Rolf Martin Schmitz gingen vor wenigen Jahren davon aus, dass PtG-Anlagen frühestens 2040 wirtschaftlich zu betreiben sein werden. Energy Brainpool prognostizierte 2019 in einer für Greenpeace Energy erstellten Studie, dass Elektrolyseure mit einer Leistung von bis zu 115 GW um das Jahr 2040 in Deutschland wirtschaftlich werden können.

In welchen Anwendungen wird grüner Wasserstoff zuerst wirtschaftlich?

-> Industrie

Wasserstoff kann in den unterschiedlichsten Sektoren zum Einsatz kommen. Im Stromsektor kann grüner Wasserstoff als Speicher dienen, wenn die Menge an dargebotsabhängiger Stromerzeugung deutlich gestiegen ist. Eine große Bedeutung spielt grüner Wasserstoff insbesondere in der Industrie, etwa bei der Stahlerzeugung oder in der chemischen Industrie. Einsatzfelder gibt es auch bei anderen energieintensiven Industrien, auch hier wurden bereits erste Erfahrungen ausgewertet (August 2023). 

-> Verkehrssektor

Auch im Verkehr gibt es vielfältige Anwendungsmöglichkeiten, wobei der Fokus hier auf den Bereichen Schwerlastverkehr und Schiffsverkehr liegt. Anwendungen im Flugverkehr befinden sich noch in einer frühen Entwicklungsphase. Im Individualverkehr auf den Straßen punktet die batterieelektrische Elektromobilität mit deutlich höherer Effizienz.

Gerade mit Blick auf die Nutzung von Wasserstoff im Individualverkehr sind die Fragezeichen groß, da mit der batterieelektrischen Elektromobilität hier eine energieeffiziente und wirtschaftliche Alternative verfügbar ist. Gleichwohl sieht eine Metaanalyse vom August 2022 durchaus eine Rolle für Wasserstoff im Mobilitätssektor. Geschäftsmodelle entstehen bereits im Bereich des Lastverkehrs. So hat GP Joule im August 2022 mit Clean Logistics einen Rahmenvertrag über 5.000 Brennstoffzellen-LKW geschlossen.

-> Wärmesektor

Eine Studie im Auftrag des Nationalen Wasserstoffrats (NWR) kommt im November 2022 zum Ergebnis, dass Wasserstoff auch bei der Wärmewende und mithin im Gasnetz eine wichtige Rolle spielen kann. Andere Studien sind in dieser Frage zurückhaltend und verweisen auf die deutlich höhere energetische Effizienz alternativer Wärmekonzepte. Dessen ungeachtet wird in Pilotprojekten bereits geprüft, wie Wasserstoff-Brennwertheizungen für die Wärmeversorgung im Praxistest abschneiden.

Im Zuge der Reform der Gebäudeenergiegesetzes (GEG) ist im Frühjahr 2023 viel über die Nutzung von „H2-ready“-Gasthermen die Rede gewesen, die als Option zur Dekarbonisierung genutzt werden sollen. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) äußerte diesbezüglich seine Skepsis, dass es grünen Wasserstoff in ausreichender Menge und zu einem günstigen Preis für die Gebäudeheizung geben werde.

Tipp: Mit dem Wasserstoffrechner von PwC kann die Wirtschaftlichkeit von H2-Projekten abgeschätzt werden. Eine Hilfe bietet auch der Elektrolyserechner der TH Köln.

II. Die Akteure beim Aufbau einer grünen Wasserstoffwirtschaft

Die Akteure, die derzeit den jungen Markt für grünen Wasserstoff betreten, sind vielfältig. Dazu zählen insbesondere Stadtwerke, Gasunternehmen, Stahlwerke und Elektrolyseurhersteller.

Unternehmen der Gaswirtschaft

Für die Unternehmen der Gaswirtschaft bietet grüner Wasserstoff eine willkommene Option, Infrastrukturen auch künftig weiterzubetreiben. Das gilt für Netze ebenso wie für Gasspeicher.  Kavernenspeicher etwa sind für H2 besonders gut geeignet, bei Porenspeichern ist der Einzelfall zu analysieren. Eine Vorreiterrolle nimmt bei der Speicherung der Energiedienstleister EWE ein, der derzeit eine Wasserstoff-Testkaverne im brandenburgischen Rüdersdorf baut. Im Rahmen des Projekts erhofft sich das Unternehmen Erkenntnisse darüber, welchen Reinheitsgrad der Wasserstoff aus der Kaverne hat, wenn er eine Zeitlang in der Kaverne gespeichert wurde. Dieses Kriterium sei besonders wichtig für die Wasserstoffanwendung im Mobilitätssektor.

Auch in anderen Projekten wird die Speicherung von Wasserstoff in Kavernen untersucht, etwa im Projekt H2Cast. Um die Entwicklung für H2-Speicher zu forcieren, hat die Initiative Energie Speichern (INES) im Oktober 2023 die Idee von Differenzverträgen für solche Speicher ins Spiel gebracht. Eine Marktabfrage zum Wasserstoff-Speicherbedarf hat die Oldenburger EWE im September 2023 gestartet.

Projekte zur Speicherung von Wasserstoff
Hier finden Sie eine Übersicht mit Projekten zur Speicherung von Wasserstoff. (Letztes Update: Juni 2024)

Auch in den Erdgasnetzen kann Wasserstoff gespeichert werden, Forschungsprojekte sollen zeigen, wie hoch der Anteil von Wasserstoff ist, der dem Erdgas problemlos zugemischt werden kann. Eine Anlage von Linde in Dormagen zeigt, wie einem Erdgas-Wasserstoff-Gemisch wieder reiner Wasserstoff entnommen werden kann. Der im September 2022 veröffentlichte „EnWG-H2-Bericht“ kommt zu dem Schluss, dass die Gas-Versorgung in Deutschland bereits heute in einer ganzen Reihe von Anwendungsfällen auf Wasserstoff umgestellt werden kann.

Eine Studie der Deutschen Energie-Agentur (dena) vom Oktober 2024 bestätigt, dass es künftig einen erheblichen Bedarf an Wasserstoffspeichern geben wird. Ihre Bedeutung liegt der Untersuchung zufolge insbesondere in der Sicherstellung der Versorgungssicherheit im Strombereich: Große Speicherkapazitäten werden benötigt, um das saisonale Gefälle der Nachfrage durch Wasserstoff-Kraftwerke zu überbrücken. Ein FAQ zum Thema H2-Speicher vom August 2024 finden Sie hier.

Stahlindustrie hat bei Dekarbonisierung keine andere Wahl

Die Stahlproduktion ist für rund 30 Prozent der CO2-Emissionen in der Industrie verantwortlich und kann nicht elektrifiziert werden. Deswegen soll grüner Wasserstoff in Zukunft eine wichtige Rolle bei der Dekarbonisierung der Strahlproduktion spielen. Das betonte das Bundeswirtschaftsministerium bei der Vorlage des “Handlungskonzepts Stahl“, das Mitte Juli 2020 vom Bundeskabinett beschlossen wurde. In dem Konzept werden nicht nur geplante Maßnahmen ausgeführt, sondern es wird auch ein Überblick über bestehende Förderprogramme für den Einsatz von Wasserstoff in der Stahlindustrie geschafft.

Um künftig grünen Wasserstoff für die Stahlproduktion nutzen zu können, sind einige Stahlhersteller bereits Kooperationen mit anderen Akteuren eingegangen. Damit wollen sich die Stahlwerke grünen Wasserstoff für die Stahlproduktion sichern.

Stahlhersteller setzen auf grünen Wasserstoff
Die Stahlindustrie setzt zunehmend auf grünen Wasserstoff, um die Stahlherstellung der Zukunft klimafreundlich realisieren zu können. Hier finden Sie Wasserstoff-Projekte der Stahlindustrie. (Letztes Update: Januar 2024)

Hersteller von Elektrolyseuren und Brennstoffzellen

Die Fraunhofer-Gesellschaft geht in ihrer Wasserstoff-Roadmap (März 2020) davon aus, dass deutsche Hersteller im Jahr 2050 bei Elektrolyse und Brennstoffzellen eine Wertschöpfung von etwa 32 Mrd. € erreichen könnten. Die Hersteller von Elektrolyseuren und Brennstoffzellen stehen dafür bereits in den Startlöchern, die Produktionskapazitäten werden ausgebaut und die Kosten reduziert. Hier finden Sie einen Überblick von Neuigkeiten aus der Branche:

Aktuelle Entwicklungen bei Herstellern von Elektrolyseuren und Brennstoffzellen
In dieser Übersicht finden Sie Neuigkeiten rund um Elektrolyseur-Hersteller. (Letztes Update: Oktober 2024)

Weitere Player am Markt für grünen Wasserstoff

In Mainz hat der Papierhersteller Essity ein Pilotprojekt, um eine Papiermaschine mit grünem Wasserstoff CO2-frei zu betreiben (Oktober 2021). Mit dem Projekt, das das erste dieser Größenordnung in der Papierindustrie ist, will Essity zeigen, dass auch eine energieintensive Produktion CO2-frei möglich ist. Kooperationspartner von Essity sind die Mainzer Stadtwerke.

Unter dem Strich gibt es immer mehr Akteure, die sich dem Thema Wasserstoff zuwenden, Technologien weiterentwickeln und Marktchancen nutzen wollen. Bis 2021 sind die tatsächlichen Umsätze mit grünem Wasserstoff in Deutschland aber noch gering. Dessen ungeachtet entwickeln sich zunehmend neue Anknüpfungspunkte, wie der Markt für grünen Wasserstoff betriebswirtschaftlich schlüssig adressiert werden kann. Einige Schlaglichter bietet unsere Übersicht:

Geschäftsmodelle im Bereich Wasserstoff und Power-to-Gas

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III. Technologische Fortschritte

Gründe für den prognostizierten Rückgang der Levelized Cost of Storage (LCOS) sind die erwartete Kommerzialisierung der Produktion, mit der die Investitionskosten sinken werden, sowie ein durch technologische Fortschritte steigender Wirkungsgrad. Eine Analyse des Europäischen Patentamts (EPA) und der Internationalen Energieagentur (IEA) über Patente auf Wasserstofftechnologien vom Januar 2023 zeigt, dass Europa bei Wasserstofftechnologien weltweit mit an der Spitze liegt.

Wirkungsgrad der Herstellung von grünem Wasserstoff

Bei der Umwandlung von Solar- oder Windstrom in Wasserstoff über die Elektrolyse geht nämlich ein Teil der eingesetzten Energie als Abwärme verloren. Wird der Wasserstoff dann zu synthetischem Methan aufbereitet, um in beliebiger Menge in das Netz eingespeist zu werden, muss erneut Energie aufgebracht werden, was die Nettobilanz der Umwandlung weiter verschlechtert. Wird das Methan dann wieder etwa über Gaskraftwerke zurückverstromt, bleibt unter dem Strich nur eine geringe Nutzung der ursprünglich eingebrachten Energie übrig.

Die Übersicht Welche Wirkungsgrade werden bei der Wasserstofferzeugung erreicht? gibt einen Überblick über die Berichte von ContextCrew Neue Energie mit Schwerpunkt auf dem Thema Wirkungsgrad. Die Übersicht wird im Zuge der weiteren Berichterstattung ergänzt. (Letztes Update: Juli 2022)

Welche Forschungsprojekte widmen sich dem grünen Wasserstoff?

Die Ansatzpunkte für eine Verbesserung des Power-to-Gas-Prozesses sind vielfältig – und der Forschungsbedarf erheblich. Es gibt eine Vielzahl von großen und kleinen Forschungsvorhaben, die sich mit Technologie und Perspektiven von Power-to-Gas im Rahmen von Energiewende und Sektorkopplung befassen.

Wichtige Forschungsprojekte
Lesen Sie hier mehr zur Forschung rund um den grünen Wasserstoff. (Letztes Update: Mai 2024)

Vergleich verschiedener Verfahren zur Wasserstofferzeugung

Das Fraunhofer ISI hat im Projekt „H2 Companion“ eine Analyse von Elektrolysetechnologien durchgeführt (Juni 2024). Demnach können im Kern drei Technologiestränge unterschieden werden: Die Alkalische Elektrolyse (AEL), die Protonenaustausch-Membran-Elektrolyse (PEM) sowie die Hochtemperatur-Elektrolyse (HT). Auch eine Studie des Norddeutschen Reallabors (NRL) vergleicht die Technologien und arbeitet Vor- und Nachteile heraus (Juni 2024). 

Es gibt auch Verfahren, die auf den Einsatz von Biomasse setzen. Ein fermentatives Verfahren wird beispielsweise im Rahmen des Projekts „HyPerFerMent“ getestet. Die Bundesregierung will die Herstellung von biogenem H2 allerdings nicht gezielt fördern (Januar 2023).

Eine Alternative zur Elektrolyse bei der Wasserstofferzeugung ist die Schmutzwasser-Plasmalyse. Das Verfahren ist von der Firma Graforce entwickelt worden und nutzt erneuerbaren Strom, um von dem Ammonium, das im Klärwasser enthalten ist, Wasserstoff abzuspalten. Eine Analyse des Instituts für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) vom November 2022 sieht großes Potenzial für die Technologie.

Wichtige Forschungsstandorte

Deutschland bekommt ein Innovationszentrum für Wasserstofftechnologie (ITZ) – mit mehreren Standorten. Den Zuschlag haben Chemnitz (Sachsen), Duisburg (Nordrhein-Westfalen) und Pfeffenhausen (Bayern) sowie ein Konsortium in Norddeutschland erhalten. Bis Ende 2024 stehen bis zu 290 Mio. € für die Standorte des Wasserstoffzentrums zur Verfügung.

Wichtig für die Wasserstoffforschung wird zukünftig auch der Standort Görlitz sein, an dem Siemens und die Fraunhofer-Gesellschaft ein Labor für die Wasserstoffforschung aufbauen wollen. Dort soll die Erzeugung, Speicherung und Nutzung von Wasserstoff untersucht werden.

Im südthüringischen Sonneberg ist zudem das Hyson-Institut eingeweiht worden. Zunächst geht es in drei Forschungsprojekten um Beschichtungsverfahren für Erdgasleitungen für den Wasserstofftransport, die Nutzung von Elektrolysenebenprodukten (wie z.B. Sauerstoff) in der Medizin und um neue Reinigungsverfahren für Wasserstoff-Produkte vor dem Brennstoffzellen-Einsatz.

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IV. Rahmenbedingungen

Die Wirtschaftlichkeit von Power-to-Gas wird nicht nur durch Fragen der Anlageneffizienz und -auslastung bestimmt, sondern ist auch abhängig von den regulatorischen Rahmenbedingungen.

Diskussion über geeignete Flankierung des Markthochlaufs

Dass grüner Wasserstoff auch für die Regierung aus SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP eine wichtige Rolle spielt, zeigt sich im Koalitionsvertrag. Bis 2030 soll Deutschland ein Leitmarkt für Wasserstofftechnologien werden. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) machte deutlich, dass in Sachen grüner Wasserstoff angesichts der erforderlichen Entwicklungszeiträume kein Tag verschwendet werden dürfe (Januar 2022). Den Verzicht auf Anwendungsbeschränkungen beim Einsatz von grünem Wasserstoff begrüßte ein großer Teil der Stakeholder.

Im Dezember 2021 hat das BMWK 900 Mio. € für das Förderinstrument H2Global bewilligt, das den internationalen Hochlauf unterstützen soll. Anlässlich der 27. UN-Klimakonferenz im November 2022 in Ägypten kündigte die Bundesregierung an, weitere 550 Mio. € für einen PtX-Entwicklungsfonds und einen PtX-Wachstumsfonds bereitzustellen. Ein im Juni 2024 von der EU-Kommission angekündigter Pilotmechanismus soll in Bezug auf die Abnehmer und die Anbieter einen besseren Überblick über die Lage auf dem Markt verschaffen und die Kommunikation zwischen ihnen erleichtern.

Fördermittel für Projekte im Wasserstoffbereich
Die Zahl der Projekte, aber auch der Förderinstrumente zur Mobilisierung privaten Kapitals nehmen stetig zu. In einer neuen Übersicht fassen wir die wichtigsten Entwicklungen zusammen. (Letztes Update: Juli 2024)

Nationale Wasserstoffstrategie 

Die Bundesregierung, deren Amtszeit Ende 2021 endete, hat in der Nationalen Wasserstoffstrategie bis 2030 einen Wasserstoffbedarf von ca. 90 bis 110 TWh festgelegt. Um einen Teil dieses Bedarfs zu decken, sollten bis zum Jahr 2030 in Deutschland Erzeugungsanlagen von bis zu 5 GW Gesamtleistung einschließlich der dafür erforderlichen Offshore- und Onshore-Energiegewinnung entstehen. Dies entspricht einer grünen Wasserstoffproduktion von bis zu 14 TWh und einer benötigten erneuerbaren Strommenge von bis zu 20 TWh. Für den Zeitraum bis 2035 werden nach Möglichkeit weitere 5 GW zugebaut, spätestens bis 2040.

Die neue Bundesregierung hat diese Ziele angehoben. Ein Update der nationalen Wasserstoffstrategie sollte zunächst bis Ende 2022 vorgelegt werden. Die Diskussion zog sich allerdings bis ins Jahr 2023. Im Juli 2023 war es dann endlich soweit: die Regierung hat ihre überarbeitete Wasserstoffstrategie vorgelegt (vgl. Kasten).

Auch die Kraftwerksstrategie mit Ausschreibungen von H2-ready-Anlagen ist ein wichtiges Thema. Die Opposition hält das Vorgehen der Regierung für zu zögerlich, die Union will, dass Deutschland „Wasserstoff-Weltmeister“ wird (Mai 2023).

Europäische Wasserstoffstrategie

Die EU-Wasserstoffstrategie sieht vor, dass bis 2024 die Installation von Elektrolyseuren mit mindestens sechs Gigawatt Leistung zur Produktion von bis zu einer Million Tonnen grünen Wasserstoffs gefördert werden. Bis 2030 sollen 40 Gigawatt installiert sein und bis zu zehn Mio. Tonnen erneuerbaren Wasserstoff erzeugen. Das soll der Dekarbonisierung der vorhandenen Wasserstoffproduktion, dem industriellen Bereich wie Chemie und vielleicht noch im Schwerlasttransport dienen. Das EU-Gasmarktpaket adressiert den Aufbau der erforderlichen Transportinfrastruktur. 

Ein im Juni 2022 veröffentlichter Entwurf eines Delegierten Rechtsakts der EU befasst sich mit der Frage der Stromherkunft für Elektrolyseprojekte. Die Kriterien fallen strikt aus und sollen sicherstellen, dass der Strom nicht aus regenerativen Bestandsprojekten stammt. Gerade First Mover am Wasserstoffmarkt hatten hier Sorge zu den Leidtragenden zu werden. Die dann im Februar 2023 vorgelegte finale Fassung sieht hier aber Übergangsfristen vor, die das Problem für die Pioniere der Branche entschärfen sollten.

Eine kritische Bewertung des europäischen Wasserstoffstrategie bzw. ihrer Umsetzung nimmt der Europäische Rechnungshof vor. Bei allem Bemühen seien bislang nur bescheidene Erfolge beim Hochlauf der (grünen) Wasserstoffwirtschaft zu erkennen.

Fairer Wettbewerb am entstehenden Markt für grünen Wasserstoff gefordert

Rund um die Verabschiedung des Netzausbaubeschleunigungsgesetzes (Nabeg) im Jahr 2019 wurden erstmals auch Bedenken geäußert, dass die Chancen an einem entstehenden Markt für „grünen Wasserstoff“ nicht fair verteilt sein könnten. Im Fokus steht das Engagement von Strom- und Gasnetzbetreibern, die Großelektrolyseure errichten und selbst betreiben wollen. „Die Großelektrolyseure könnten, über die von allen Stromkunden zu zahlenden Netzentgelte subventioniert, Wasserstoff zu Preisen produzieren, mit denen andere Markteilnehmer nicht konkurrieren können“, lautete die Sorge, die eine Gruppe von Unternehmen im November 2019 formuliert hat.

Hier hat eine Entscheidung der Bundesnetzagentur im Frühjahr 2021 für Erleichterung gesorgt. Die Netzbehörde lehnte Anträge für die Projekte Hybridge und Element Eins ab – auch mit Hinweis auf die Gefahr von Marktverzerrungen. Rund um die Novelle des EnWG merkte der BEE im August 2023 an, dass nur netzdienliche Elektrolyseure von den Netzentgelten befreit werden sollten, um keine zusätzliche Belastung der Netze zu erzeugen.

Ein ganz anderes Problem brachte die Strompreisbremse mit, die im Dezember 2022 verabschiedet wurde. Sie hat mit der Erlösabschöpfung ein Instrument geschaffen, das langfristige Stromlieferungen aus Bestandsanlagen mit Risiken behaftet, die eine Stromlieferung an Elektrolyseure verhindern kann. Beispiel dafür sind die Probleme bei der Elektrolyse im bayerischen Wunsiedel (März 2023).

Power-to-Gas: Aktuelle Urteile und Gesetzesänderungen
Sehen sie in unserer Übersicht, welche aktuellen Urteile und Gesetzesänderungen das Thema Power-to-Gas und grüner Wasserstoff adressieren. (Letztes Update: November 2023)

Reallabore setzen regulatorische Hemmnisse außer Kraft

Ein wichtiger Treiber hin zur Kommerzialisierung der PtG-Technologie sind die sogenannten Reallabore, in deren Rahmen neue Regelungen ausprobiert werden. Mit dem Förderprogramm „Schaufenster intelligente Energie – Digitale Agenda für die Energiewende“ (Sinteg) hat das Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) ein sehr umfangreiches Reallabor im Energiebereich geschaffen, um mögliche neue Regelungen für die Energiewelt von morgen zu entwickeln. Seitdem sind bereits zahlreiche Anträge für Power-to-Gas-Projekte eingereicht worden.

Reallabore zur Kommerzialisierung der Power-to-Gas-Technologie
Hier finden Sie einen Überblick über Projekte, die sich im Ideenwettbewerb „Reallabore der Energiewende“ des Bundeswirtschaftsministerium durchgesetzt haben. Das BMWi hat aus den insgesamt mehr als 90 Vorschlägen im Juli 2019 insgesamt 20 Konsortien als Reallabore ausgewählt, 11 von ihnen widmen sich der Wasserstoffwirtschaft.

Diskussion über Wasserstoffhochlaufgesetz

Im Mai 2024 hat das Bundeskabinett das Wasserstoffbeschleunigungsgesetz beschlossen. Mit dem Artikelgesetz werden im Einklang mit der im Jahr 2023 fortgeschriebenen Nationalen Wasserstoffstrategie die rechtlichen Rahmenbedingungen für den schnellen Auf- und Ausbau der Infrastruktur für Erzeugung, Speicherung und Import von Wasserstoff geschaffen. Sachverständige zweifelten bei einer Anhörung im September im Bundestag allerdings daran, die geplanten Maßnahmen eine ausreichende Wirkung auf den Hochlauf ausüben.

Vorausgegangen ist eine lange Debatte über die Notwendigkeit eines Wasserstoffhochlaufgesetzes. Bereits im Mai 2022 hat der BDEW mit Blick auf die Überarbeitung der Nationalen Wasserstoffstrategie, das angekündigte „Sommerpaket“ der Bundesregierung sowie die aktuellen europäischen Gesetzgebungsprozesse 14 konkrete Maßnahmen vorgeschlagen, um den Start in eine Wasserstoffwirtschaft zu beschleunigen. Aus Sicht des BDEW war es sinnvoll, die notwendigen Änderungen der einzelnen Gesetze in einem „Wasserstoffhochlaufgesetz“ zusammenzufassen, um die verschiedenen Herausforderungen gebündelt und aufeinander abgestimmt anzugehen. Im Juli 2023 legte der BDEW nach und präsentierte ein „Diskussionspapier für ein Marktdesign für Wasserstoff“.

Auch andere Wirtschaftsverbände lieferten Impulse für Anpassungen der Rahmenbedingungen, etwa Zukunft Gas (Juni 2022) und der „Offshore-Wind-H2-Achter (Juni 2022). Der E.ON-Konzern kommt in seiner im November 2022 erstmals vorgestellten „H2-Bilanz“ zum Ergebnis, dass Deutschland gegenwärtig nicht ausreichend auf den Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft vorbereitet ist. Das Update der H2-Bilanz vom April 2023 sieht zumindest Fortschritte beim Hochlauf. In jedem Fall wird nach Einschätzung der Stakeholder ein breiter gesellschaftlicher Konsens zur Wasserstoffwirtschaft benötigt, wie ein Whitepaper von VDE Renewables deutlich macht.

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V. Ausbaupotenzial

Trotz der bisher nicht förderlichen Rahmenbedingungen in Deutschland steigen Anzahl und installierte Leistung von Elektrolyse- und Power-to-Gas-Anlagen seit einigen Jahren stetig an. Der Wasserstoff-Kompass von acatech und Dechema bietet eine gute Orientierung. Neben Meta-Analysen von Studien umfasst das Projekt auch einen Elektrolyse-Monitor. (Oktober 2023)

Welche Wasserstoff-Projekte gibt es bereits?

Sowohl die Anzahl der Power-to-Gas-Anlagen als auch deren installierte Leistung sind in den vergangenen Jahren stetig gestiegen. Die meisten von ihnen sind Pilot- oder Demonstrationsprojekte in kleinem Maßstab und dienen zu Forschungszwecken. Die Zahl der Megawattprojekte nimmt jedoch deutlich zu. Ein im Juli 2022 vorgestellter Wasserstoffatlas bietet einen Blick darauf, welche Wasserstoff-Potenziale und Kapazitäten bereits vorhanden sind und welche Möglichkeiten in Zukunft entstehen werden.

Einen Überblick über laufende Power-to-X-Forschungsprojekte und Power-to-X-Industrieanlagen bietet eine interaktive Karte des Kopernikus-Projekts P2X. Die IHK Nord hat eine Übersichtskarte über Wasserstoffprojekte und Tankstellen in den Nordländern veröffentlicht, zudem zeigt eine Tabelle Details der einzelnen Projekte.

Laufende Power-to-Gas-Projekte
Hier findet sich eine Auswahl von richtungsweisenden Power-to-Gas-Projekten in und um Deutschland, über die ContextCrew Neue Energie in den vergangenen Monaten und Jahren berichtet hat. (Letztes Update: Oktober 2024)

Welche Regionen wollen die Wasserstofferzeugung aus grünem Strom fördern?

Nicht nur die Reallabore wirken sich positiv auf die Industrialisierung von Power-to-Gas-Anlagen auch. Immer mehr Städte, Regionen und Bundesländer entwickeln Ausbaukonzepte für grüne Wasserstofftechnologien. Vorne mit dabei sind vor allem Regionen, die einen hohen Anteil volatiler Stromerzeugung haben. Ein Beispiel dafür ist der Norden Deutschlands mit seinen vielen Windrädern. Aber auch Regionen, die unter der Energiewende leiden wie beispielsweise alte Kohlereviere, setzen auf Innovation.

Einen Schub für die Entwicklung von Wasserstoffstrukturen in Deutschland soll der Förderwettbewerb “Hyland” bringen. Im Rahmen des Hyland-Konzeptes werden Kommunen auf ihrem Weg in die Wasserstoffwirtschaft begleitet, je nach Wissensstand als HyStarter, HyExperts oder HyPerformer.

  1. Runde: Neun „HyStarter“-Regionen, die bisher über wenig Erfahrungen mit Wasserstoff verfügen, wurden bereits im September 2019 ausgewählt. Im Dezember verkündete das Bundesverkehrsministerium dann auch die Gewinner der Kategorien “HyExpert” und “HyPerformer”.
  2. Runde: Im September 2021 verkündete das BMVI die Gewinner der zweiten Wettbewerbsrunde in den Kategorien “HyStarter” und “HyExperts”.

Regionale Pläne
Hier finden Sie einen Überblick über Pläne zum Ausbau der “grünen” Wasserstofftechnologie auf den Ebenen EU, Bund, Länder und Regionen . (Letztes Update: Juli 2023)

Die Mitgliedsstaaten der EU wollen ihre Kräfte bündeln, um weltweit die Nummer 1 bei Wasserstofftechnologien zu werden. Gelingen soll dies durch sogenannte Wasserstoff-IPCEIs. Im Rahmen von IPCEI hat das Bundeswirtschaftsministerium 62 Projekte in Deutschland ausgewählt, die gefördert werden sollen:

Die konkreten Projekte hinter den Ziffern finden Sie in der IPCEI-Standortkarte, die das BMWi veröffentlicht hat. Die EU-Kommission hat im Juli 2022 die ersten 41 IPCEI-Projekte freigegeben, zu denen auch die ersten vier deutschen Projekte gehören. Im Oktober 2022 erhielten zwei Wasserstoff-Großprojekte von BASF und Salzgitter das „Go“ aus Brüssel. Im Mai 2024 hat die mit dem IPCEI Hy2Move bereits das vierte wichtige Vorhaben von gemeinsamen europäischem Interesse genehmigt

Zentraler versus dezentraler Ausbau der Wasserstoffversorgung

Während viele IPCEI-Vorhaben auf zentrale Knotenpunkte der Wasserstoffinfrastruktur abzielen, gibt es auch gute Gründe, regionale und dezentrale Aspekte beim Ausbau der Elektrolyseleistung zu berücksichtigen. So kann durch die intelligente Positionierung von kleineren Elektrolyseanlagen der Netzausbaubedarf verringert und die Resilienz des Stromnetzes erhöht werden. Mit der Frage, inwieweit solche kleineren Projekte im Zuge des Hochlaufs der Wasserstoffwirtschaft wirtschaftlich betrieben werden können, befasst sich eine Studie des Reiner Lemoine Instituts (RLI) im Auftrag des Ökoenergieversorgers Green Planet Energy aus dem März 2022. Im Oktober 2023 legte Green Planet Energy eine weitere RLI-Studie vor, die die Vorteile einer netzdienlichen Produktion von heimischem H2 herausarbeitet.

Ein Beispiel für die Einbindung von Wasserstoffprojekten in die regionalen Strukturen bietet ein Projekt in Lübesse (Mecklenburg-Vorpommern), bei dem ein 4-MW-Elektrolyseur lokale Energieprodukte bereitstellt.

Auch für die Übertragungsnetzbetreiber ist die Frage, wo die Wasserstoffherstellung stattfindet wichtig, da die erwartete Vielzahl der neuen Elektrolyseure ihrerseits auf die Netzbelastung Einfluss nimmt. Ein Positionspapier zu den Anforderungen an Elektrolyse-Anlagen mit Blick auf die Netzstabilität haben die ÜNB im April 2023 veröffentlicht.

Kann der zukünftige Gasbedarf komplett durch Grüngas gedeckt werden?

Das Potenzial von aus erneuerbaren Energien erzeugtem Wasserstoff und Methan sowie von Biogas hat der DVGW im Februar 2019 in einer Studie untersucht. Bei einem Potenzial von bis zu 250 TWh Biogas könnten Power-to-Gas-Anlagen der DVGW-Studie zufolge zusätzlich 74 bis 164 TWh aus erneuerbaren Energien produzieren – je nach installierter Leistung der Ökostromanlagen. Das gesamte Grüngas-Potenzial von 414 TWh entspricht damit knapp der Hälfte des aktuellen Gasbedarfs in Deutschland. „Die Nutzung von Gasen und ihren Infrastrukturen ist zudem im Vergleich zu einer reinen Elektrifizierung der Energiesysteme deutlich kostengünstiger“, so der DVGW. 

Im März 2022 legte der DVGW mit einer weiteren Studie nach. Die Verfügbarkeit von grünem Wasserstoff sei schon 2030 weit höher, als dies die „gängigen Nachfrageprognosen“ nahelegten. Zu diesen gehört eine Metaanalyse, nach der der Wasserstoffbedarf 2030 ein Vielfaches über der inländischen Erzeugung liegen wird.

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VI. Aufbau eines Wasserstoffnetzes

Eine Studie des Fraunhofer ISI bezeichnet den Aufbau einer H2-Transportinfrastruktur als No-Regret-Option, unabhängig von der konkreten Ausgestaltung der Transformationspfade des Energiesystems. 

H2-Kernnetz in Deutschland nimmt Gestalt an

Um den heimisch erzeugten Wasserstoff (und die importierten Mengen) zu den Verbrauchern zu transportieren, wird in jedem Fall ein Wasserstoffnetz benötigt. Mit der im Bundeskabinett im Mai 2023 beschlossenen EnWG-Novelle wurde der regulatorische Rahmen für das zukünftige Wasserstoffnetz gelegt, Pläne, die im August 2023 auch vom Bundesrat gewürdigt wurden. Die FNB Gas haben an den Entwurf der Novelle anknüpfend bereits im Juli 2023 die Planung für ein H2-Kernnetz vorgelegt. Im Juli 2024 wurde schließlich der Entwurf für das H2-Kernnetz bei der Bundesnetzagentur eingereicht. Dieser Entwurf wurde – mit geringfügigen Anpassung – im Oktober 2024 von der Bundesnetzagentur genehmigt. Eine Übersicht über Reaktionen aus der Energiewirtschaft finden Sie hier.

 

Energiewirtschaft drängt auf Rahmen für H2-Verteilnetz

Die Gasnetzbetreiber haben für eine Anbindung der Verteilnetze an die großen nationalen und internationalen Transportstrukturen einen Gasnetzgebietstransformationsplan entwickelt, der sich der regionalen Ausgestaltung von Wasserstoffnetzen bis zu den Endkunden befasst. Der Ergebnisbericht wurde im September 2023 vorgestellt. Die Energiewirtschaft hat bereits mehrfach betont, dass nach den ersten Schritten in Richtung des H2-Kernnetzes bald der Rahmen für den Aufbau der Verteilnetze geschaffen werden muss.

Der Blickpunkt Wasserstoff-Netz in Deutschland zeichnet die Berichterstattung von ContextCrew Neue Energie zum Ausbau des Wasserstoff-Netzes fortlaufend nach. (Letztes Update: Oktober 2024)

Fernleitungsnetzbetreiber wollen „Europäischen Wasserstoff Backbone“ aufbauen

Auch der Transport innerhalb von Europa rückt zunehmend in den Fokus. Im Juli 2020 haben elf Fernleitungsnetzbetreiber das Konzept eines „Europäischen Wasserstoff Backbone“ vorgestellt, der hauptsächlich aus umgewidmeten Erdgasleitungen bestehen soll. Auch EWE und Gasunie wollen kooperieren, um ein deutsch-niederländisches Wasserstoffnetz zu initiieren. E.ON plant im Rahmen eines europäischen Kooperationsprojekts den Aufbau eines Verteilnetzes und entsprechender Infrastruktur für Wasserstoff und Ammoniak im Ruhrgebiet.

Dynamik gewinnt auch die Idee, Wasserstoff aus Norwegen über eine Pipeline nach Deutschland zu transportieren. Entsprechende Pläne wurden Anfang 2023 diskutiert. Der norwegische Energiekonzern Equinor und RWE haben vereinbart, gemeinsam „groß angelegte Wertschöpfungsketten für CO2-armen Wasserstoff“ zu entwickeln.

In Südeuropa soll Mallorca zum ersten Wasserstoffknotenpunkt werden. Ohnehin entwickelt sich Spanien angesichts der klimatischen Rahmenbedingungen zum Hot Spot der europäischen Aktivitäten im Bereich grüner Wasserstoff. Acciona kooperiert hier mit Plug Power zur Versorgung der Iberischen Halbinsel. Noch weiter spannen die Partner von HyDeal Ambition den geographischen Rahmen: Sie wollen Spanien und Frankreich – und in einer weiteren Ausbaustufe auch Deutschland mit grünem Wasserstoff versorgen. Inwieweit etwa in Frankreich eine mächtige Atomlobby diese Pläne unterstützt, blieb Mitte 2022 abzuwarten. Die Pläne für den Ausbau der Leitung H2MED (Januar 2023) erscheinen aber robust. 

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VII. Internationaler Handel mit Wasserstoff

Das Potenzial zur Erzeugung erneuerbarer Energien ist in Deutschland begrenzt und damit auch das Potenzial zur Herstellung von grünem Wasserstoff. Bis 2030 sollen laut der ersten Nationalen Wasserstoffstrategie vom Juni 2020 Anlagen zur Produktion von bis zu 14 Terawattstunden grünen Wasserstoffs aus erneuerbaren Energien in Deutschland entstehen. Der nationale Bedarf wird allerdings auf 90 bis 110 TWh geschätzt. Der Nationale Wasserstoffrat (NWR) rechnet in einer Abschätzung vom Februar 2023 mit einem etwas geringeren Bedarf in Höhe von 53 bis 90 TWh.

In jedem Fall wird eine große Menge an grünem Wasserstoff künftig importiert werden müssen. Eine Deloitte-Studie (Juni 2023) geht von einem Handelsvolumen von 600 Mio. Tonnen Wasserstoff im Jahr 2050 aus.  Die Bundesregierung geht im Juni 2024 davon aus, dass die Wasserstoffimporte ab 2027 Fahrt aufnehmen. Im Juli 2024 hat sie ihre H2-Importstrategie vorgelegt. Kurz danach präsentierte auch Nordrhein-Westfalen eine eigene Importstrategie für Wasserstoff.

Weltweite Potenziale für den Export von grünem Wasserstoff

Die Bundesregierung will vor diesem Hintergrund internationale Kooperationen und Partnerschaften rund um das Thema Wasserstoff aufbauen und intensivieren. In der Nationalen Wasserstoffstrategie sind zwei Mrd. € für den Ausbau internationaler Partnerschaften vorgesehen. Ein Potenzialatlas zum grünen Wasserstoff soll erarbeitet werden und als „Kompass für weitere Kooperationen“ fungieren. In welchen Ländern die Bundesregierung aktuell ein großes Potenzial für den Export grünen Wasserstoffs sieht und welche Partnerschaften sie schon angestoßen hat, schreibt sie in der Antwort auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (Oktober 2020). 

Acatech und Dechema im Rahmen des gemeinsamen Projektes „Wasserstoff-Kompass“ eine Analyse zu internationalen Wasserstoffstrategien vorgelegt (Dezember 2022). Darin sind viele Ähnlichkeiten zu entdecken, auch eine breite Bereitschaft zum Export von H2 aus Regionen mit günstigen Erzeugungsbedingungen. Das Akademienprojekt ESYS kommt in einer Analyse vom August 2022 zum Ergebnis, dass bis 2030 benötigten Importmengen „grundsätzlich zu beschaffen“ seien, wenn die richtigen infrastrukturellen, rechtlichen und unternehmerischen Weichen schnell gestellt werden.

Eine Studie von Wuppertal Institut und DIW ECON (November 2020) arbeitet jedoch mögliche Probleme des Imports heraus und zeigt auf, welche positiven Effekte auf Wertschöpfung und Arbeitsplätze auf der anderen Seite bei einer Produktion in Deutschland entständen. Auch gibt es wachsende Zweifel, ob potenzielle Wasserstofflieferanten bis 2030 überhaupt in der Lage sein werden, die benötigten Mengen bereitzustellen. Auch Aurora Energy Research nennt die Importpläne „ehrgeizig“. In jedem Fall ist es wichtig, dass die Wasserstoff-Importe zentrale Kriterien erfüllen, denn neben der Nachhaltigkeit sind auch  etwa Fragen der sozialen Verantwortung in den Herkunftsländern zu beachten (März 2024).

Wasserstoff-Partnerschaften
In Deutschland wird der Bedarf an grünem Wasserstoff aus heimischer Produktion nicht gedeckt werden, daher wird ein großer Teil importiert werden. Welche Partnerschaften Deutschland plant, lesen Sie in unserem Überblick über weltweite Kooperationen. (Letztes Update: März 2024)

Einen Überblick über die voraussichtlichen Kosten von Wasserstoffimporten im Jahr 2050 liefert unser Interview mit Heidi Ursula Heinrichs vom Forschungszentrum Jülich (Februar 2021). Heinrichs spricht sich in dem Interview dafür aus, dass Deutschland Wasserstoff anstelle von Power-to-Liquids importieren sollte. So bliebe die Wertschöpfung im Land und die Nutzungsoptionen wären vielfältiger.

Unabhängig von den Plänen der Bundesregierung sind im Ausland schon Projekte in Planung, die eine großtechnische Produktion von grünem Wasserstoff vorsehen:

Power-to-X-Projekte im Ausland
Welche Projekte im Ausland könnten zukünftig für Deutschland interessant sein könnten? Lesen Sie mehr dazu in unserem Überblick über weltweite Power-to-X-Projekte. (Letztes Update: Februar 2024)

Aufbau einer Infrastruktur für Wasserstoffimporte

Für Deutschland reicht es jedoch nicht, Partnerschaften zu forcieren. Auch in die Infrastruktur müsse investiert werden, forderte der Verband der Chemischen Industrie (VCI). „Aufgrund der riesengroßen Bedarfe an grünem Wasserstoff brauchen wir neben der forcierten Weiterentwicklung unseres Heimatmarktes dringend deutsche Importterminals“, sagte der Landesvorsitzende des Verbands der Chemischen Industrie (VCI), Detlev Wösten, am 29. Juni in Laatzen bei Hannover. Stahlwerke und Raffinerien auch in Norddeutschland bräuchten Wasserstoff „in Riesenmengen, nicht in Apothekenmengen“, betonte der Geschäftsführer des VCI Nord, Jochen Wilkens.

Auch die Unternehmensberatung Roland Berger kommt in einer Studie zu dem Schluss, dass neue und effiziente Transportlösungen der Schlüssel zur Wettbewerbsfähigkeit von grünem Wasserstoff sind. Es gebe nicht den einen überlegenen Wasserstoffträger, vielmehr müsse je nach Anwendungsfall entschieden werden. Klar sei jedoch, dass Ammoniak (NH3), verflüssigter Wasserstoff (LH2) und flüssige organische Wasserstoffträger (LOHC) signifikante Kostenreduktionen erfahren werden.

In den Niederlanden plant der Gasnetzbetreiber Gasunie mit dem Rotterdamer Hafen ein Großprojekt. Eine Wasserstoffleitung soll durch das Rotterdamer Hafen- und Industriegebiet gelegt werden, die mit einem niederländischen Wasserstoffnetz sowie einer deutschen Pipeline verbunden werden soll. Über die Leitungen soll dann importierter Wasserstoff sowie im Hafen erzeugter Wasserstoff transportiert werden.

H2-Importe: Ausbaubedarf für Transportinfrastruktur in Deutschland 

Während im niederländischen Rotterdam und im belgischen Antwerpen schon entsprechende Projekte angeschoben wurden, besteht in Deutschland noch Handlungsbedarf. Dem Chemieverband VCI zufolge wären die norddeutschen Häfen für den Import von Wasserstoff wegen ihrer Erfahrung bei der Entladung von Gasen und vorhandener Pipelines ideale Standorte. Doch es gibt bereits erste Pläne: Hamburg will bis 2030 die größten Industriebetriebe im Hafengebiet mit einem eigenen Netz für grünen Wasserstoff versorgen. Dazu soll im ersten Schritt ein Leitungsnetz von zunächst 45 Kilometern Länge eingerichtet werden. Im zweiten Schritt könnten dann auch bereits bestehende Erdgasleitungen umgenutzt werden.

Im Chempark Dormagen entsteht zudem weltweit größte Anlage für die Einspeicherung von grünem Wasserstoff in flüssige organische Träger (LOHC). Die Projektleitung und den Anlagenbetrieb, der 2023 starten soll, übernimmt die Krefelder Tochtergesellschaft LOHC Industrial Solutions NRW. Mit Royal Vopak wird zudem eine Projekterweiterung mit möglichem Aufbau einer Lieferkette für den grünen Wasserstoff bis nach Rotterdam geplant. Dort würde der Wasserstoff aus dem LOHC freigesetzt und vor allem in den Bereichen Mobilität und Industrie genutzt werden.

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