Neue Technologien stellen den regulatorischen Rahmen vor große Herausforderungen. Oft hält die Entwicklung eines rechtssicheren Rahmens nicht Schritt mit der Verfügbarkeit neuer technologischer Lösungen – und mit den Erfordernissen an den Rahmen zur Entwicklung neuer Produkte und Dienstleistungen. Das ist auch im Bereich der Elektromobilität so. Hier haben bestimmte Regelungen aus dem Eichrecht nicht ausgereicht, um einheitlich eichrechtskonforme und interoperable Systeme im Wechsel- und Gleichspannungsbereich zu entwickeln und zu zertifizieren. Diese Lücke schließt nun eine neue Anwendungsregel des VDE|DKE.
Die Regel E-VDE-AR-E 2418-3-100 „Elektromobilität – Messsysteme für Ladeeinrichtungen“ soll das eichrechtskonforme, transparente und korrekte Abrechnen beim Laden von Elektrofahrzeugen ermöglichen und damit den Weg frei machen für eine flächendeckende Einführung von Stromzählern in Ladesäulen.
Bislang fehlten Anforderungen an Referenzarchitektur, DC- und Zeitmesseinrichtungen sowie Datenformate
Bislang scheiterte der flächendeckende Aufbau einer Ladeinfrastruktur an einer Lücke des Dokuments 6-A „Regeln und Erkenntnisse des Regelermittlungsausschusses nach § 46 des Mess- und Eichgesetzes für Messgeräte und Zusatzeinrichtungen im Anwendungsbereich der E-Mobilität“ des Regelermittlungsausschuss (REA). „Es fehlten beispielsweise Anforderungen an eine Referenzarchitektur, an DC- und Zeit-Messeinrichtungen sowie Datenformate für die Übermittlung eichrechtlich relevanter Daten“, sagt VDE-Normungsexperte Dennis Haub.
Der Stromzähler in Ladesäulen ist ein eichpflichtiges Messgerät. Auch die Anzeige des Stromzählers unterliegt als Zusatzeinrichtung im Sinne von § 3 Nr. 24b MessEG dem Eichrecht. Nach der Veröffentlichung der VDE-Anwendungsregel durch das zuständige nationale Komitee VDE|DKE/K461 „Messeinrichtungen und -systeme für Elektrizität“ werde die VDE-Anwendungsregel dem Regelermittlungsausschuss (REA) – in seiner Funktion als regelsetzender Fachkreis in Deutschland – „mit der Bitte um Ermittlung“ zur Verfügung gestellt, heißt es seitens des VDE.
Neue Regel soll auch auf europäischer und internationaler Ebene in die Normung eingebracht werden
Weiterhin wollen die VDE-Normungsexperten die Ergebnisse auf europäischer und internationaler Ebene in die Normung einbringen. Zunächst aber ist die Anwendungsregel, an deren Erstellung über 70 Experten aus der Industrie, Konformitätsbewertungsstellen und der Arbeitsgemeinschaft Mess- und Eichwesen (AGME) beteiligt waren, zur öffentlichen Kommentierung für drei Monate freigegeben.
Derweil meldet das Unternehmen XCharge Europe, dass es als erster Ladesäulen-Hersteller überhaupt eine DC-Ladesäulenserie mit Gleichstrommessung zur Zertifizierung bei der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt PTB eingereicht hat. „Der XCharge Supercharger C6EU hat damit die Chance, in Deutschland Vorreiter mit eichrechtkonformer DC-Ladetechnik zu werden“, heißt es in einer Mitteilung des Unternehmens.
XCharge meldet DC-Ladetechnik zur Baumusterprüfung an
Die Baumusterprüfbescheinigung für die Eichrechtskonformität einer Ladesäule der PTB attestiert, dass alle für die Abrechnung wichtigen Angaben zuverlässig erfasst werden – darunter auch die ab April 2019 vom Gesetzgeber geforderte eichrechtskonforme exakte Messung der gelieferten bzw. geladenen Kilowattstunden.
„Wir wollen als erster mit eichrechtskonformen DC-Ladesäulen auf den deutschen Markt gehen“, sagt Zheng Fan, Geschäftsführer von XCharge. Nach eigenen Angaben hat der chinesische Konzern als Spezialist für High Power Charging im öffentlichen und gewerblichen Raum weltweit bereits mehr als 20.000 Ladesäulen installiert.
Die jetzt bei der PTB zur Baumusterprüfung angemeldete Schnell-Ladesäule C6EU kombiniert laut XCharge zwei Ladepunkte und schnelle Ladezeiten auf weniger als einem halben Quadratmeter Grundfläche. Die Ladeleistung kann zwischen 60 und 240 kW schrittweise gewählt werden. Auch die digitale Nutzeroberfläche werde bei Bedarf individuell angepasst. Das Ladeangebot des Superchargers C6EU könne kundenfreundlich gesteuert und via App genutzt und abgerechnet werden.
Noch einen Schritt weiter geht das Unternehmen mit dem Satellite C9EU Schnell-Ladesystem mit 6 Ladepunkten, das eine Leistung von 480 kW erreicht. Beim zugrunde liegenden „Plug & Charge“-Konzept soll die Bezahlung automatisch erfolgen. Die Lösung sei besonders platzsparend und könne auch auf bestehenden Parkflächen integriert werden. Im Betrieb werden autorisierte Nutzer den Angaben zufolge dank „Plug & Charge“ an den Ladesäulen automatisch erkannt. Eine patentierte, besonders komfortable Kabelaufhängung schütze dabei auch im Dauerbetrieb vor Beschädigungen, verspricht das Unternehmen.
Projekte zum Ausbau der Ladeinfrastruktur für Elektroautos in Deutschland