Bis zum Jahr 2025 werden rund 16 GW an Windenergieleistung die Förderphase nach dem EEG beenden. Die Betreiber müssen hier eine Weiterbetriebsentscheidung treffen. Wie diese ausfallen wird, ist aus heutiger Sicht nur schwer abschätzbar, da sich Anlagengrößen, Vermarktungsoptionen und Zustand der Anlagen teilweise deutlich unterscheiden. Die Perspektiven sind aber durchaus positiv.
„Insgesamt bestehen aus Betreibersicht auch nach 2020 relevante Anreize, ihre Windenergieanlage über die Entwurfslebensdauer hinaus zu betreiben“, heißt es in einer Analyse, die jetzt von der Deutschen Windguard und dem Bundesverband Windenergie (BWE) vorgelegt wurde. In ihrer gemeinsamen Studie legen BWE und Deutsche Windguard den Fokus auf alle Altanlagen, deren EEG-Vergütung bis Ende 2025 endet.
Bereits 2021 sind 4,0 GW Windkraftleistung betroffen
Das Ergebnis der Analyse deckt sich quantitativ im Wesentlichen mit den Untersuchungen der Fachagentur Windenergie an Land vom März dieses Jahres. Demnach sind im Jahr 2021, wenn die ersten Anlagen aus der Förderung fallen, 3,8 bis 4,0 GW an Windenergieleistung betroffen, in den Folgejahren bis 2025 sind es im Schnitt 2,3 bis 2,4 GW. Dem gegenüber stehen gemäß EEG Ausschreibungsmengen für neue Anlagen in Höhe von 2,8 bis 2,9 GW. „Das heißt, dass im Falle eines unmittelbaren Rückbaus der betroffenen Brutto-Altanlagen große Auswirkungen auf den Netto-Zubau bestehen“, heißt es in der Studie.
Weiterbetriebskosten ohne Wartung und Instandhaltung bei rund 2,0 ct/kWh
Ob es tatsächlich einen weitflächigen Rückbau geben wird, hängt in erster Linie von den wirtschaftlichen Weiterbetriebsoptionen in der individuellen Post-EEG-Phase ab. Hierzu analysieren die Autoren im Detail die Kostenkomponenten, die im Falle des Weiterbetriebs zu berücksichtigen sind. Hierzu zählen die Grundstückspacht, die mit 0,4 ct/kWh angelegt wird sowie die Kaufmännische und Technische Betriebsführung (0,36 ct/kWh). Auch Versicherungen und weitere Betriebskosten schlagen mit 0,20 ct/kWh zu Buche.
Neben diesen direkt betriebsbezogenen Kosten fallen Kosten im Zuge der Weiterbetriebserlaubnis (0,33 ct/kWh) und eine Mindestrendite-Erwartung an, die von den Autoren auf 0,75 ct/kWh geschätzt wird. Damit summieren sich die Kosten ohne Wartung und Instandhaltung auf 2,04 ct/kWh.
Bei den O&M-Kosten kommt es sehr auf die Strategie des Anlagenbetreibers an. Die Analyse unterscheidet drei mögliche Weiterbetriebsstrategien. Am teuersten wird es für den Betreiber, wenn er eine langfristige Strategie verfolgt. In dem Fall wird der Betrieb der Windkraftanlagen auf dem Niveau der zweiten Dekade langfristig fortgeschrieben. Es werden Reparaturrücklagen gebildet und die Anlage über das Ende der Restlebensdauer hinaus betrieben. Eine Außerbetriebnahme ist nur bei einem Großkomponentenschaden vorgesehen. Bei dieser Strategie fallen die höchsten O&M-Kosten an. Die Studie siedelt sie in einer Größenordnung zwischen 1,4 und 1,8 ct/kWh an.
Studie analysiert drei Wartungskonzepte für die Post-EEG-Phase
Das „optimierte Konzept“ legt die Fortsetzung der Betriebsphase auf mehrere Jahre aus. Geprägt ist diese Strategie durch zustandsorientierte Maßnahmen zur möglichst langen Erhaltung der Anlage. Kleine und mittlere Reparaturen werden durchgeführt. Die Außerbetriebnahme erfolgt bei einem größeren Schaden, insbesondere bei Großkomponentenschäden. Die Kosten schätzt die Studie für diese Strategie in einem Bereich zwischen 1,0 und 1,4 ct/kWh.
Das „Low-Budget-Konzept“ fährt die Anlagen auf Verschleiß. Der Betrieb wird bis zum ersten relevanten Schadensfall unter Aufwendung der Minimalkosten ohne Rücklagenbildung fortgeführt. Der Schwerpunkt liegt hier auf der Standsicherheit. Durch die Minimierung der Kosten entstehen in diesem Modell nur 0,6 bis 1,0 ct/kWh an Wartungs- und Instandhaltungsaufwendungen.
Einnahmenbedarf zwischen 2,8 und 3,6 ct/kWh für positive Weiterbetriebsentscheidung
In Abhängigkeit von der verfolgten Strategie entsteht für den Weiterbetrieb der Anlagen ein Einnahmenbedarf in Höhe von 3,6 ct/kWh („Fortsetzung Konzept 2. Dekade“), 3,2 ct/kWh („Optimiertes Konzept“) bzw. 2,8 ct/kWh („Low-Budget-Konzept“). „Anhand der vielfältigen Konzepte wird deutlich, dass die Bandbreite des potentiellen Einnahmenbedarfs groß ist; und es ist zu berücksichtigen, dass zusätzlich eine große Standardabweichung innerhalb jedem dieser Konzepte besteht“, betonen die Autoren der Studie. Der Einnahmenbedarf sei dabei stark abhängig von Faktoren Anlagengröße, Standort (Ertragserwartung und Windrisiko), Technologiezustand oder Hersteller.
► Der BWE hat den zuständigen Regionalplanungsbehörden in einem Leitfaden vorhandene planerische Gestaltungsmöglichkeiten aufgezeigt, um gut akzeptierte Bestandsflächen für ein Repowering weiter zu nutzen. Der BWE wirbt dafür, bestehende Standorte vernünftig in die Regionalplanung zu integrieren.
► „Angesichts bereits erfolgter Investitionen zur Integration der betroffenen Anlagen ins Netz, sind möglicherweise nicht nur die Betreiber von Windkraftanlagen an einer weiteren Flächennutzung in Form von Repowering oder Weiterbetrieb interessiert, sondern auch die jeweiligen Netzbetreiber. Wir werden den Austausch mit den betroffenen Verteilnetzbetreibern suchen“, kündigte BWE-Präsident Hermann Albers an.
► Wichtig sei, dass der Abbau von Windenergieanlagen dergestalt im Ausschreibungssystem berücksichtigt werden müsse, dass ausgeschriebene Mengen wieder Nettomengen seien. „Wir können uns auf dem Weg zu 65 Prozent erneuerbare Energien bis 2030 keinen Einbruch der installierten Kapazität leisten“, betont Albers.
Bei einem Einnahmenbedarf von 2,8 bis 3,6 ct/kWh stellt sich die Frage, ob dieser Bedarf durch die Vermarktung des produzierten Windstroms gedeckt werden kann. Eine abschließende Bewertung sei hier gegenwärtig nicht möglich, heißt es in der Studie. Grundsätzlich beständen mehrere Vermarktungswege, wie der Direktvermarktungsvertrag, ein Stromliefervertrag mit einem (Öko-)Stromanbieter oder eine regionale Vermarktung/Vermarktung an Großabnehmer.
Im Zeitverlauf nach 2020 könnten sich zugleich Entscheidungsparameter verändern bzw. heute unbekannte Optionen ergeben. Als Parameter fließen hier die Optimierung der Wartungskonzepte für die dritte Dekade, die Entwicklung der Börsenstrompreise und die Verfügbarkeit zusätzlicher alternativer Vermarktungswege ein. „Wenn sich im Rahmen einzelner Parameter Kosten senken oder Einnahmenpotentiale erschließen ließen, könnte sich die Bewertungssituation verändern“, heißt es weiter.
Wirtschaftlichkeit des Weiterbetriebs hat Einfluss auf Dauer des Weiterbetriebs
An Standorten ohne Repoweringoption stelle der Weiterbetrieb die einzige Möglichkeit zur weiteren Flächennutzung dar, an anderen Standorten werde er zur längerfristigen Flächensicherung und Überbrückung langer Planungszeiten genutzt, führen BWE und Deutsche Windguard in ihrer Analyse aus. „Sollten die zur Verfügung stehenden Vermarktungsmöglichkeiten den Einnahmenbedarf betroffener Altanlagen langfristig nicht abdecken, drohen Außerbetriebnahmen für relevante Leistungsbestände.“ Werde der Einnahmenbedarf nur sehr knapp abgedeckt, erfolge die Außerbetriebnahme voraussichtlich bereits bei verhältnismäßig geringen Schäden an der Anlage und nicht erst bei Eintritt eines Großkomponentenschadens.