Mit der Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) 2017 hat der Gesetzgeber den Paradigmenwechsel in der Förderung der regenerativen Energien am Strommarkt eingeleitet. In allen betroffenen Technologiebereichen haben inzwischen erste Ausschreibungsrunden stattgefunden. Anlass genug, ein Zwischenfazit zu ziehen. Das Dossier stellt den aktuellen Stand der EEG-Ausschreibungen in den Bereichen Biomasse, Windenergie und Photovoltaik dar.

1. Ausschreibungen für Biomasse: Chance für Bestandsanlagen

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Quelle: EUWID

Am 1. September 2017 war der Startschuss für die erste Runde der Biomasseausschreibungen nach dem EEG 2017. Brutto belief sich das Ausschreibungsvolumen auf 150 MW. Davon wurde der Zubau im Jahr 2016 von 27,6 MW abgezogen, so dass netto 122,4 MW zur Ausschreibung kamen.

Das Ergebnis der Ausschreibungsrunde fiel ernüchternd aus: Bezuschlagt wurden lediglich 24 der eingereichten 33 Gebote mit einem Gebotsumfang von 27,6 MW. Wie die Bundesnetzagentur anmerkt, war vorab bereits mit einer bescheidenen Teilnahme gerechnet worden.

Auf Bestandsanlagen entfielen 20 der 24 Zuschläge. Neun Gebote mit einem Gebotsvolumen von 13,4 MW wurden im Zuschlagsverfahren nicht berücksichtigt. Gründe waren laut Bundesnetzagentur fehlende Angaben der Bieter in den Formularen; Zudem erfüllten vier Anlagen, deren Genehmigungen vor 2017 erteilt wurden, die Teilnahmevoraussetzungen nicht.

Durchschnittlicher mengengewichteter Zuschlagswert bei 14,30 ct/kWh

Der durchschnittliche mengengewichtete Zuschlagswert aller Gebote liegt bei 14,30 ct/kWh. Die meisten bezuschlagten Projekte erhalten die maximal gesetzlich zulässige Förderung.

Die Bioenergiebranche kritisiert, dass die niedrigen Gebotshöchstwerte dazu geführt haben, dass das Ausschreibungsvolumen deutlich unterschritten wurde. “Zum anderen ist es unter den jetzigen Rahmenbedingungen für Bestandsanlagen, deren Vergütungszeitraum erst Ende 2021 oder später endet, unattraktiv, sich bereits früher an einer Ausschreibung zu beteiligen”, heißt es von Seiten des Bundesverbands Bioenergie (BBE). Solche Anlagen würden im Falle einer Inbetriebnahme nach Ausschreibungszuschlag auf einen Teil ihrer bisherigen und in aller Regel höheren EEG-Vergütung verzichten.

2. Ausschreibungen für Wind onshore: Bürgerenergie als Bumerang

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Quelle: EUWID

Zwei Ausschreibungsrunden für Windenergie an Land sind bereits abgeschlossen worden. Mitte September hat die Bundesnetzagentur die dritte Runde eingeläutet, die im November 2017 durchgeführt werden soll. Nach 800 MW in der ersten und 1.000 MW in der zweiten Runde soll es bei der dritten Runde ebenfalls um ein Ausschreibungsvolumen von 1.000 MW gehen.

Die bisherigen beiden Ausschreibungsrunden sind mit Blick auf die Zuschlagspreise als Erfolg zu werten. Die Ausschreibungsrunde im Mai ergab einen durchschnittlichen mengengewichteten Zuschlagswert von 5,71 ct/kWh. In der darauffolgenden Runde im August ist der Zuschlagswert dann sogar auf 4,28 ct/kWh gesunken.

Definition der Bürgerenergiegesellschaft lässt Hintertür für professionelle Dienstleister

In der Windkraftbranche haben die Ausschreibungsergebnisse allerdings einen Sturm der Entrüstung ausgelöst. Grund ist, dass die Definition von Bürgerenergiegesellschaften im Ausschreibungsdesign eine Hintertür für professionelle Projektentwickler gelassen hat. Diese wurde von einigen Unternehmen geschickt genutzt, um sich einen großen Anteil an den Zuschlägen zu sichern.

Da die Bürgerenergiegesellschaften ohne BImSchV-Genehmigung an den Ausschreibungen teilnehmen können und mehr Zeit für die Realisierung der Projekte erhalten, haben sie einen Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen Akteuren am Markt. Die große Sorge ist nun, dass ein großer Teil der Projekte im Bereich der Bürgerenergiegesellschaften nicht realisiert werden und ein “Fadenriss” beim Windkraftausbau an Land die Konsequenz sein könnte. Die Korrekturen am Ausschreibungsdesign für das kommende Jahr mit der Streichung von Privilegien für die Bürgerenergie kommen nach Einschätzung der Branche zu spät.

3. Ausschreibungen für Wind offshore: Strom für 0,0 ct/kWh?

Im April 2017 hat die EEG-Ausschreibung für Windkraft auf hoher See für eine kleine Sensation gesorgt: Mit einem mengengewichteten durchschnittlichen Zuschlagswert von 0,44 ct/kWh wurden selbst die kühnsten Erwartungen über- (bzw. unter-)boten. Einige der bezuschlagten Projekte kalkulieren eine Förderung von null Euro ein.

Die insgesamt bezuschlagte Gebotsmenge beträgt 1.490 MW, dahinter verbergen sich der 900-MW-Windpark He Dreiht der Karlsruher EnBW und die Projekte Energy Borkum Riffgrund West II, Gode Wind 03 sowie Northern Energy OWP des dänischen Versorgers DONG Energy mit einer Gesamtleistung von 590 MW. Die bezugschlagten Projekte liegen alle in der Nordsee.

“Dies würde energiewirtschaftliche Verwerfungen nach sich ziehen”

Aber auch im Offshore-Segment argwöhnt mancher Beobachter, dass die Ausschreibungen ein starkes spekulatives Element beinhalten. Sollten die hinter den Geboten stehenden Annahmen bis zum Bau der Projekte in den Jahren 2021 bis 2025 nicht belastbar sein, stehe die Umsetzung in Frage. „Dies würde energiewirtschaftliche Verwerfungen nach sich ziehen”, warnt der Präsident des Bundesverbands Windenergie (BWE), Hermann Albers.

Kostensenkungen und die Verfügbarkeit von 10-MW-Offshore-Turbinen bis zur Fertigstellung der Projekte Mitte der 2020er Jahre seien eingepreist worden. Zudem hätten die erfolgreichen Bieter offenbar mutige Prognosen zur Entwicklung der Strompreise im Großhandel getroffen, ohne die eine wirtschaftliche Umsetzung der Vorhaben gefährdet wäre.

4. Ausschreibungen für Solaranlagen: Abwärtstrend der Solarstromkosten hält an

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Quelle: EUWID

Die Ausschreibung von Solar-Freiflächenanlagen hat bereits ein zartes Maß an Tradition: Die ersten Pilotausschreibungen für Photovoltaik-Freiflächenanlagen fanden bereits im Jahr 2015 statt. Seitdem ist der Zuschlagswert von Runde zu Runde immer weiter gesunken (vgl. Graphik).

Im Jahr 2017 finden drei EEG-Ausschreibungstermine mit einem Volumen von jeweils 200 MW statt, im Februar, im Juni und im Oktober. Die Teilnahme ist verpflichtend für alle Neuanlagen ab einer Größe von 750 kWp, die Fördergelder in Anspruch nehmen wollen. Die Höhe der Zahlungsansprüche wird in den Ausschreibungen ermittelt.

Anders als bei den Ausschreibungen im Bereich der Windenergie befürchtet wird, sind die Realisierungsquoten der ersten Projekte aus den Photovoltaik-Freiflächenrunden des Jahrs 2015 hoch. Die Bundesnetzagentur führt den Erfolg der Ausschreibungen bei der Photovoltaik auf ein „richtiges Verhältnis zwischen Realisierungsfrist und Höhe der Sicherheiten“ zurück.

5. Zwischenfazit zu den Ausschreibungen nach dem EEG 2017: Förderkosten sinken – aber auch das hat seinen Preis

Die Bundesregierung hat sich vom Umstieg auf Ausschreibungen als Instrument zur Ermittlung der Förderhöhe von Strom aus erneuerbaren Energien ein Sinken der Förderkosten erhofft. Und dieses Ziel wurde in den bisherigen Runden auch tatsächlich erreicht: In sämtlichen Technologiesegmenten zeigen die Zuschlagspreise eine mehr oder minder starke Kostendegression.

Der Umstieg auf das Ausschreibungsinstrument im EEG hat aber seinen Preis. Viele kleinere Akteure schrecken die Risiken, die sich ergeben, wenn das eigene Gebot nicht niedrig genug ist, um den Zuschlag zu erhalten. Und das ist keine gute Nachricht für die Akteursvielfalt einer dezentralen Energiewende. Auch der vermeintliche Erfolg der Bürgerenergie in den Windkraftausschreibungen an Land entkräftet die Befürchtungen nicht, da letztlich viele professionelle Akteure hinter den Projekten stehen.

„Ausschreibungsthematik in erster Linie Kontrolle über den zukünftigen Ausbau”

Ein anderer Aspekt stößt manchem Akteur ebenfalls auf. „Die Ausschreibungsthematik ist in erster Linie eine Kontrolle über den zukünftigen Ausbau”, sagte BayWa-Energievorstand Mathias Taft im Juni beim BDEW-Kongress in Berlin. Es gehe „gar nicht mal so sehr” darum, möglichst güns­tige Tarife zu bekommen. Aus seiner Sicht wäre es durchaus denkbar, Projekte ganz ohne Fördertarife zu realisieren. Dafür müsste dann aber der Netzzugang verfügbar sein.

Größter Teil der in der EEG-Umlage gewälzten Förderkosten gehen auf den Altbestand an Anlagen zurück

Ein Irrglaube wäre es, vom Umstieg auf die Ausschreibungen eine wesentliche Senkung der EEG-Umlage zu erwarten. Der größte Teil der darin gewälzten Förderansprüche entfällt auf die vergleichsweise teuren Altanlagen, etwa im Bereich der Photovoltaik. Selbst ein sehr dynamischer Ausbau der erneuerbaren Energien würde die Förderkosten verglichen mit früheren Expansionsphasen nur in überschaubarem Maße erhöhen. Und das wäre auch dann der Fall gewesen, wenn man weiter auf feste Einspeisetarife gesetzt hätte.

Gleichwohl zeigen die Kostenpfade sehr deutlich, dass der Ausbau der erneuerbaren Energien keineswegs teuer ist, wenn man Stromgestehungskosten, aber auch Systemkosten verschiedener Alternativen in Relation zueinander stellt. Investitionen in den Umbau der Energieinfrastruktur sind aber in keinem Fall vermeidbar, gleich welchen Pfad die Gesellschaft bei der Energiewende wählt. Nicht sachgemäß ist es, allein die Kosten eines bestimmten Wegs aufzusummieren, wie es im Fall des Ausbaus der erneuerbaren Energien in der Vergangenheit wiederholt getan wurde. Nur der Vergleich unterschiedlicher Alternativen bietet die Option, eine volkswirtschaftlich angemessene Entscheidung zu treffen.